Text: Petra Kickenweitz
Titelfoto: Christian Farcher, archipur
Ob sich die Formgebung des Hauses auf die US-Sitcom „Alf“ und das 1926 erbaute und mittlerweile abgebrochene Haus der Familie Tanner in Los Angeles bezieht, das sich auch mit einem weissverputzten Giebel und einem mittelgrossen Fenster markant zur Strasse hin zeigte, bleibt wohl das wohlgehütete Geheimnis zwischen dem Bauherrn und Architekt Christian Farcher. Zumindest steht fest, dass Alf, das Plüschtier des Bauherrn, bequem im Schaufenster des Hauses sitzt und sich laut Architekt ein kleines, feines Haus gebaut hat, bei dem der Vergleich mit dem japanischen Minimalismus und der japanischen Typologie der kleinen Häuser auf jeden Fall zulässig und naheliegend ist.
Das sich auf zwei Ebenen erstreckende Wohnhaus für ein Paar mit nur rund 72 m² Nutzfläche wurde auf einem rund 184 m² grossen Grundstück in einem als Schutzzone ausgewiesenen zentral gelegenen nobleren Stadtteil von Baden bei Wien errichtet. Auf dem nur sieben Meter breitem Grundstück stand ursprünglich ein eingeschossiges Stallgebäude, das später als Bediensteten-Wohnhaus genutzt wurde. Dieses konnte, nachdem es seitens des Sachverständigen für Denkmalpflege als nicht erhaltenswürdig eingestuft wurde, abgebrochen werden. Allerdings sah die ursprüngliche Widmung eine offene Bauweise vor. Diese Bestimmung liess aufgrund der Mindestabstände zur Grundgrenze von drei Metern keinen Neubau zu, sodass in Abstimmung mit der Stadtgemeinde eine Umwidmung des Grundstückes erfolgte. Die neu genehmigte einseitig offene Bauweise mit Bauklasse I ermöglichte eine Bebauung an der Grundstücksgrenze mit einer Brandwand: einen 4 m breiten und rund 13 m langen zweigeschossigen Baukörper mit einer maximalen Höhenbeschränkung auf 4,5 m. Die zur Strasse ausgerichtete schmale Ostfassade mit Giebel musste den architektonischen Qualitätsansprüchen der Schutzzonenverordnung entsprechen. Dazu wurde eigens eine Fassadenstudie mit acht Varianten erarbeitet und der Behörde zur Begutachtung vorgelegt.
Die Errichtung des langgestreckten Neubaus mit Satteldach brauchte aufgrund dieser zusätzlichen restriktiven baurechtlichen Angaben von Beginn der Planung bis zur Fertigstellung fast vier Jahre und erforderte vom Architekten und vor allem vom Bauherrn den Mut zu ungewöhnlichen Ansätzen.
Die giebelseitige überdachte Haupterschliessung, die ohne Windfang oder Flur direkt in den Wohn- und Küchenbereich führt, sowie die Anordnung des Wohnbereichs an der Ostseite zur Strasse hin ist ebenso wie die längsseitige Aneinanderreihung der Räume auffallend und sicherlich auch in der Nutzung anfangs gewöhnungsbedürftig. In der Mitte des Gebäudes liegt eine halbgewendelte U-förmige Holztreppe, welche den offenen Wohnraum von dem im hinteren westlichen Teil des Gebäudes liegenden Zimmer mit Sanitärraum optisch abtrennt. Über die Treppe gelangt man in den erweiterten Wohnbereich der Galerie im Obergeschoss. Diese verbindet im vorderen Gebäudebereich, beim Haupteingang, über einen Luftraum die beiden Geschosse miteinander und verleiht dem Tinyhouse ALF eine unerwartete grosszügige Raumwirkung. Ein auf Deckenebene gespanntes begehbares Netz ermöglicht den Zugang zum Fenstererker im Ostgiebel des Obergeschosses und die Nutzung des Luftraumes als Liegefläche. Auch im Obergeschoss befindet sich im westlichen Gebäudeteil ein, durch einige Stufen höhergelegener, abgetrennter Dachraum.
Unterstützt wird diese optimierte Raumausnutzung durch das Spiel mit den Raumhöhen. Dafür wurde im Erdgeschoss über der Küche und dem Essbereich die Decke bewusst niedriger gewählt, damit im Galeriebereich die Raumhöhe, die sich bis zum Dachfirst öffnet, umso grosszügiger erscheint. Dementsprechend wurde hier ein Materialwechsel vorgenommen und die Zwischendecke der Galerie platzsparend aus 10 cm Brettsperrholz ausgeführt. Auch im Bereich der übereinanderliegenden Zimmer im westlichen Gebäudeteil wurde auf einen unnötig hohen Deckenaufbau verzichtet und die Leitungen ausschliesslich in den Zwischenwänden verzogen.
Damit hat der Architekt Christian Farcher, der mit dem Entwurf, der Einreichung, der dazugehörigen Erstellung des Energieausweises sowie mit der Ausführungs- und Detailplanung und anschliessender Bauaufsicht beauftragt war, optimale Bedingungen auf kleinstem Raum geschaffen.
Durch den Luftraum und die grosszügige giebelseitige Verglasung im erdgeschossigen Eingangsbereich und dem im Obergeschoss darüberliegenden Erker wird ein gleichmässiges Licht in die Raumtiefe gebracht. Zusätzlich wird die Innenraumqualität durch zwei nach Süden gerichtete Dachflächenfenster und einer Verglasung im Treppenbereich erhöht.
Die Materialität und Farbigkeit des kleinen Hauses ist geprägt von einem durchaus pragmatischen Entwurfsansatz, bei der es zu einer engen Zusammenarbeit zwischen Architekten und Bauherrn kam. Vor allem bei der Detailgestaltung und Materialwahl hat sich der Bauherr aktiv eingebracht. Vorherrschend ist die Farbe weiss und anthrazitgrau. Der die Gebäudehülle bestimmende weisse Putz und die weissen Fensterrahmen stehen im Kontrast zum extra breit ausgeführten anthrazitfarbigen Saumblech und grauen Dachdeckung. Im Innenraum wird das Farbkonzept der weissen Wände und des dunkelgrauen Linoleumbodens durch das Holz beim Treppenaufgang aufgebrochen.
Technische Informationen:
Konstruktion
Das kleine Haus wurde in Ziegelmassivbauweise im Wärmedämmverbundsystem mit Steinwolle errichtet und weiss verputzt. Der Pfettendachstuhl wurde mit eingeblasenen Zelluloseflocken gedämmt und mit grauen Tondachziegeln gedeckt. Bei den weissen Kunststofffenstern wurde eine 3-fach-Verglasung verwendet und die nach Westen ausgerichteten Zimmerfenster zusätzlich mit Aussenrollläden ausgestattet.
Der Erker und die Zwischendecke im vorderen Galeriebereich wurden in Brettsperrholz ausgeführt, die Geschossdecke im hinteren Bereich des Hauses hingegen als Stahlbetondecke in Ortbeton. Analog dazu wurden die gewendelte Geschosstreppe aus Holz und die kurze einläufige Treppe im Obergeschoss aus Ortbeton gefertigt.
Haustechnik
Beheizt wird das Gebäude über eine freistehende Luftwärmepumpe im Garten. Der dazugehörende Pufferspeicher wurde platzsparend unter der Treppe versteckt.
Projekt:Name des Projektes: Architektur: Ort: Planungsjahr: Ausführungsjahr: Nutzfläche: Bruttogesschossfläche: Grundstücksgrösse: Gebäudewert (Energieausweis): |
Fachplaner:Bauphysik: archipur, 1070 Wien Ausschreibung: archipur, 1070 Wien Örtliche Bauaufsicht:
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Auftragnehmer:Zimmermann: Bauarbeiten, Fassadenbauarbeiten, Sicherheitsplaner: Dachdecker & Spenglerei: Fenster und Türen: |
Baumaterialien:Dämmung: Sonnenschutz: Fenster: |
Zellulosendämmung Vinzenz Harrer GmbH Für die Zellulosendämmung des Daches lieferte Vinzenz Harrer GmbH die dazu verwendeten produkte von THERMOFLOC. |
Kunststofffenster REKORD Baden GmbH Für das Haus Alf würden die Kunststofffenster PRO von Rekord Fenster verwendet. |
Galerie